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interview mit

FELIX "FE" WOLTER  

Ein Schaffensrückblick anlässlich der Wiederveröffentlichungen aller Tonträger von THE VISION - der ersten deutschen DubReggae-Band - und einiger Soloprojekte des Künstlers 




Die musikalische Karriere von FE WOLTER startete 1981, als er als Schlagzeuger bei der "Neue deutsche Welle"-Band DER MODERNE MAN einstieg. Schon damals sorgte er mit nuanciertem Off-Beat-Spiel für einen leichten Reggae-Einschlag der Band.

Seine eigentlichen musikalischen Vorstellungen begann er jedoch erst wenige Jahre später, nun als Schlagzeuger, Keyboarder und Tonmeister am Mischpult, bei der von ihm mitbegründeten Band THE VISION auszuleben.  
THE VISION war die erste deutsche Reggae-Band, die von Anfang an ihren Schwerpunkt auf Dub legte. Ihre zweite Veröffentlichung "dubvision" von 1988 ist das allererste komplett im Dubstyle aufgenommene Album eines deutschen Acts - und damit eine echte Pionierarbeit! Nach dem Split der Band Ende der 1990er Jahre spielte er zahlreiche Alben unter verschiedenen Namen, teils Solo, teils als Duo, ein. 

Nun hat er sich entschlossen, die Werke von THE VISION und einige Veröffentlichungen seiner Folgeprojekte, erweitert um Bonus-Tracks und minimal remastert, zu reissuieren. 
Eine echte Fundgrube für junge Dubheads und treue Fans, die sicher auch mal den einen oder anderen Release verpasst haben könnten! 

Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei JENS P. NEUMANN, dem Webmaster der IT-Seite "Reggae-Town.de", der dieses Interview geführt und mir als Zweitverwertung für
Dub-O-Rama zur Verfügung gestellt hat! Vielen Dank auch an FE WOLTER für seine Freigabe!  

  




THE VISION - 1987







"10tracks of reggae & dub music"
Debut-LP von 1987, mp3-re-release June 2009







"dubvision" 
ihre zweite LP von 1988 ist die erste lupenreine Dub-LP eines deutschen Acts überhaupt, mp3-re-release July 2009






"politoxicomania"
ihre dritte LP von 1990, mp3-re-release September 2009







Leider nur ein kurzlebiges Side-Projekt: die VISIONAIRIES 1988
Vier Mädels und, nein, es ist nicht SIMON GALLUP von THE CURE, sondern FE WOLTER 







THE VISION - 1990







THE VISION - 1991







mental healing - 1994







instrumental healing - 1994







THE VISION - 1996







namas te - 1996







dub light - 1998





discography FE WOLTER:
(longplay releases only)


mit THE VISION

10 tracks of reggae and dub music, 1987
dubvision, 1988
politoxicomania, 1990
dub revision, 1991
mental healing, 1994
instrumental healing, 1994
namas te, 1996
dub light, 1998
(alle auf Fünfundvierzig Records, bis auf 'dub revision' sollen alle wiederveröffentlicht werden)


als PRE-FADE LISTENING

way back home, 1998
solarized, 2000


als PFL

blue dubsessions, 2003


als TRANCE VISION STEPPERS

trance vision steppers, 1996
tvs, 2002


als TVS

all about chinese fortunecookies, 1997
tvs2, 2003
stand strong (w/ RAS MILO), 2005



mit CHIN CHILLAS

l.t.d., announced


als DUBVISIONIST

dubvision II - the 20th anniversary,
announced


Links

Felix Wolter MySpace

Roots Visionist MySpace

Perkussion & Elektronik MySpace  



 

aktuell:

zum 20. Releasetag von "dubvision" - dubvision II mit vielen "Tributen" von Freunden, unter anderem auch GENTLEMAN

September 2009

Erster Teil: Das Reggae-Town-Interview

Jens
: Hallo Felix, du hast mit THE VISION eine der ersten Reggae- und Dub-Bands Deutschlands gegründet. Wann genau war das und wie kam es dazu?

Felix: Also - die ersten waren wir bei Weitem nicht. Bei der ersten deutschen Reggaeband, die ich Ende der 1970er Jahre gesehen habe, saß Curvin (Anm. d. Red.: JAMAICA PAPA CURVIN) am Schlagzeug. Die Band kam, soweit ich mich erinnere, aus Hamburg. Das war zeitgleich mit der ersten großen Reggaewelle und dem weltweiten Durchbruch von BOB MARLEY. Wir haben in unserer Clique dann auch ziemlich schnell mitgeschnitten, dass es da noch viel mehr aus der Richtung gab. Diese Mischung aus Spiritualität, Rebellion und Rhythmus ließ sich hervorragend auf unser Lebensgefühl übertragen.

Schon vor meiner ersten professionellen Band DER MODERNE MAN Anfang der 1980er wollte ich eine Reggae-Band gründen. Ich bin dann aber vom Sänger Mattus, der eigentlich bei mir Bass spielen sollte, für DER MODERNE MAN weggecasted worden. Dort hatte ich auch schon Reggaeelemente in unseren New Wave Sound mit eingebracht, aber weiterhin den Wunsch, eine reine Reggaeband zu gründen. Zu der Zeit hörten wir Roots der späten 1970er von SLY & ROBBIE und natürlich die Dubklassiker von SCIENTIST, LEE PERRY und KING TUBBY. Auch KEITH HUDSON, DILLINGER, TOOTS & THE MAYTALS sowie die New Yorker Wackies-Produktionen waren bei uns auf Grund ihrer urbanen Kompatibilität sehr hoch im Kurs.

Mitte der 1980er Jahre habe ich JAMES JOSEPH und JEFF FONTAINE aus Dominica hier in Hannover getroffen, mit denen wir dann RADICATION SQUAD gründeten. Damit hatten wir das erste Mal ein ganzes Musikprogramm auf Reggaebasis. Wir haben die Songs von James eingeübt und gespielt, Auftritte und Aufnahmen gemacht und die musikalischen Grundlagen für unser Folgeprojekt THE VISION gelegt. Zur Unterstützung hörten wir natürlich "Rodigans Rockers on BFBS". Das war Kult und jede Sendung wurde auf Tape gezogen und den Rest der Woche "studiert" (lacht).

Zur Gründungsbesetzung gehörten Natalie Deseke a.k.a. SISTA NATTY oder auch 'Miss D.' und Jens Müller a.k.a. 'Rude 66' oder 'Trigger'. Wir drei waren 'THE VISION'. Zunächst war es ein reines Studioprojekt. Jens, als musikalischer Libero, konnte alle relevanten Instrumente spielen, die man für einen Reggaesong braucht. Ich spielte Schlagzeug, ein bisschen Bass und hatte mich schon damals um die Aufnahmetechnik gekümmert. Natalie war unsere Frontfrau, Sängerin und Perkussionistin. Aus dem Gedankengut, das in der Band diskutiert wurde, formulierte Natalie dann ihre Texte. Als Backingband für Liveauftritte hatten wir Musiker der Herbman Band, einer reinen Reggaeband aus Varel. Es war damals gar nicht so leicht, Musiker zu finden, die wirklich Reggae spielen konnten. Die Rock-Kollegen meinten "Reggae ist immer das Selbe. Das ist doch einfach". Aber jeder, der mal angefangen hat, Reggae zu spielen, der weiß, dass dem nicht so ist. (lacht) Du musst schon den Vibe wirklich spüren und umsetzen können. Das ist eine eigene Welt, die man sich erst einmal erschließen muss und damit hatten wir ernsthaft ab 1985 begonnen.

1987 hatten wir unseren ersten Reggae Release am Start. Die Indie-Plattenfirma 'Fuenfundvierzig' von Piet Manns veröffentlichte die '10 Tracks of Reggae and Dub Music', das erste Vocal-Album von THE VISION. Ein halbes Jahr später folgte mit 'Dubvision' das erste deutsche Dub-Album mit Versions aus dem Erstling.

Das ging dann zehn Jahre so weiter. Im Winter gemütlich im Studio, im Frühjahr kam das Vocal-Album zur Tour, im Sommer haben wir Festivals gespielt und zur Herbsttour kam dann das Dub-Album. Wenn wir nicht im Studio waren, waren wir mit knapp zwölf Leuten unterwegs auf Tour.

Jens: Du hast eben gesagt, dass du BOB MARLEY noch mitbekommen hast?


Felix: Eben leider nicht persönlich. Ich habe das letzte Konzert verpasst. Ich hatte die Chance, mit Leuten nach Hamburg zu fahren und dachte "Och ne, das machst du nächstes Jahr!". Aber dazu kam es nicht mehr. Das werde ich mir ewig vorwerfen. Klitzekleiner Trost: PETER TOSH habe ich noch in Hannover gesehen in der Niedersachsenhalle mit seiner Machine-Gun-Gitarre.

Jens: Ich stell mir das schwierig vor, in der Zeit überhaupt etwas über Reggae und die Hintergründe zu erfahren. Da steckt doch mehr dahinter, als das Gehö
rte eins zu eins zu übertragen und nachzuspielen. Wie habt ihr denn damals den Stil kennen gelernt und die Musik bezogen? Woher wusstet ihr was ihr da macht?


Felix: Reggae war für mich immer eine spirituelle Musik und das hat mich interessiert. "Who knows it, feels it" Und wenn man damit erstmal angefangen hat, lässt es einen bekanntlich selten wieder los (lacht). Meine "große Schwester" Jutta war die erste, die uns mit diesem Sound versorgte, Ralf und Wolfgang vom lokalen Plattenladen Musicland achteten auf ein breites Angebot, welches sie unter Anderem von Carlo oder Andy bezogen. Bei RADICATION SQUAD haben wir dann die praktischen Anleitungen bekommen und mussten ausprobieren, wie wir diesen Sound umsetzen konnten.

Dieser bassige Sound hatte uns angesprochen. Die dicken Bässe waren ja damals noch ein Novum und noch längst nicht auf die allgemeine Popkultur übertragbar. Bassbetonte Musik findet sich heute nicht nur im Reggae, sondern funktioniert in allen Dancemusic-Stilen. Diese Selbstverständlichkeit mussten wir uns in einer von Pop-Rock dominierten Zeit erst einmal erkämpfen, wie auch den Respekt der Kollegen von 'HANS-A-PLAST', Manfred Wieczorke und Heinz Rudolf Kunze, die uns Studios zur Verfügung stellten. Im Staccato Studio zum Beispiel hat es so manches Ringen um den richtigen Tieftonsound gegeben. Der Professor meinte: "Die Bässe sind viel zu heftig", und wir: "Nee, das muss so...". (lacht)

Jens: Wie kann man sich denn die damalige Zeit vorstellen? Die neueste Generation hat es ja, wenn überhaupt, nur über das Hörensagen aus der Szene oder vielleicht durch das Buch von Helmut Philipps und Olaf Karnik erfahren.

Felix: Es gab mehrheitlich Bands, die sich am jamaikanischen Output orientiert haben. Die Jamaika-Hörigkeit war bei THE VISION nicht wirklich gegeben. Unsere karibischen Einflüsse kamen aus Dominica und inhaltlich haben wir eher auf London geschielt.
Was die reggaeaktive deutsche Musiker-Szene der späten 1980er einte, war, dass wir wirklich alle als Reggaebands an den Start kamen. Wir wollten keine Rockband sein, die ein paar Reggae-Riffs spielt. Wir wollten als Reggaeband ernst genommen werden und hatten da unseren Fokus drauf. Welcher Reggae-Style von den Interpreten nun bevorzugt wurde, war eigentlich egal. Wir hatten immer Respekt vor der Arbeit der anderen, die Hauptsache war der Reggae-Vibe.

Jens: Helmut hat in seinem erwähnten Buch mit Olaf Karnik von einem legendären Konzert berichtet, wo die damals drei größten, oder eher gesagt die einzigen bekannteren deutschen Bands aufgetreten sind...


Felix: Das war 1988 das Benefizkonzert für die Opfer von Hurrikan 'Gilbert' auf Jamaika. Die HERBMAN BAND spielte Roots und Dancehall, NATTY U versüßte uns den Abend mit Lovers Rock und THE VISION traten zum ersten Mal mit ihrer weiblichen Begleitband als VISIONAIRIES zur punky Reggae Dub Party mit Helmut Phillipps am Mischpult an. Die Musiker fanden diesen Abend klasse und wir verstanden uns alle prima Backstage. Nur das Publikum war diesen "Unity-Schritt" noch nicht mitgegangen. Mit jeder Band wechselte die dazu gehörige Fanschar vor der Bühne, und während die anderen Bands spielten, wurde im Foyer nur gelästert. Ich empfand das damals als etwas eng und hermetisch. Wie wir sehen, neigte der durchschnittliche Reggae-Fan also schon damals etwas zu Streitsucht und Besserwisserei (lacht).

Jens: Kannst du dich erinnern, was oder wen es neben den drei großen Bands oder Künstlern noch gegeben hat?


Felix: Also man hat da schon so ein bisschen die Scheuklappen aufgehabt. Ich kann dir leider kaum Namen runter rattern. Man hatte schon sehr mit sich und dem näheren Umfeld zu tun. Auf den Festivals waren das auch immer die selben Bands, denen man über den Weg lief. Folgende Namensliste bildet also nur meine löchrige Erinnerung ab und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit (lacht): DUBINVADERS, NATTY U, UMOYA, HERBMAN BAND und CRUCIALS. Aber auch schon damals altgediente Bands wie JAMAICA PAPA CURVIN, CRIMINAL ZERO, ADISA oder VITAMIN X waren mit am Start. Die Begleitband von THE VISION haben wir uns aus anderen Bands wie der HERBMAN BAND, den CRUCIALS und auch den BAREFOOT GIRLS a.k.a. VISIONAIRIES zusammen geliehen. Um als Studioprojekt etwas auf die Bühne zu bringen, mussten wir uns überlegen, mit wie viel Aufwand wir unsere Musik präsentieren wollten.

Was gab es da noch mehr neben den Musikern in der Reggaeszene? In dieser "Gründerzeit" kamen auch die ersten Reggae-Fanzines und -zeitschriften raus, wie zum Beispiel "Dread" und "Trenchtown". Die Szene war noch lange nicht so selbstverständlich wie heute. Am besten beschreibt es Helmut an der Stelle in seinem Buch, wo er über die Anfänge des Summerjam schreibt und über die Zustä
nde, die auf der Loreley herrschten. (lacht) Es war tatsächlich genau so und hatte schon etwas comic-haftiges, wie die neue Reggaeszene in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, die überhaupt nicht da drauf klar kam, dass europäische Mittelstandskids in grün, gelb, roten Klamotten und verfilzten Haarschläuchen am Kopf durch die Gegend liefen, sich Häkelmützchen aufsetzten und von Irie, Jah und Rastafari redeten. Das klang zum Teil doch sehr adaptiert, war es zum Teil vielleicht auch, aber es war auch der Beginn von etwas inzwischen sehr Eigenständigem. Nun gibt es auch in Deutschland spirituell sehr ernst zu nehmende Rastafaris, das brauchte alles seine Zeit sich zu entwickeln.

Jens: War euch damals eigentlich bewusst, was ihr damit auch lostretet? Zum Beispiel bei dem großen Konzert, als ihr zusammen aufgetreten seid. War das eine Stimmung wie "Hier entsteht etwas neues in diesem Land"?


Felix: Nein, natürlich nicht (lacht).

Jens: Gar nicht? (lacht)


Felix: Nein, gar nicht. (lacht) Wir haben einfach nur das gemacht, was wir machen wollten und konnten. Das war nicht darauf ausgelegt etwas "Historisches" zu schaffen. Uns ging es um Selbsterfüllung. Ganz kindlich!
Und das haben wir manchmal sogar sehr sportlich gesehen. Niemand weiß zum Beispiel vom heimlichen Wettstreit innerhalb der Band zwischen der Sängerin Natalie, die auf die Vokal-Alben setzte und mir als Dub Produzent, der eher die Dubscheiben vorne sehen wollte. Am Ende des Jahres, wenn die Abrechnungen der Plattenfirma vorlagen, haben wir immer unsere Verkaufszahlen verglichen, und wenn die Vokal-Alben oder die Dub-Scheiben mehr hatten, wurde gefeiert (lacht).

Jens: Welche Musiker hast du damals selbst gehört und welche haben dich beeinflusst?


Felix: Ich habe experimentellen Dub Reggae von CREATION REBEL, NEW AGE STEPPERS, MARK STEWART & MAFFIA, LONDON UNDERGROUND, AFRICAN HEAD CHARGE und DUB SYNDICATE über On-U Sound Records von ADRIAN SHERWOOD kennengelernt. Dort fand ich auch deutliche Anleihen, die in ganz anderen Musikstilen begründet sind, wie etwa in der psychedelischen elektronischen Musik der 1970er Jahre und im Krautrock. Das sind auch so meine musikalischen Eckpunkte.

Ich bin ursprünglich über Jazzrock, dann über Punk und experimentelle Musik zum Dub gekommen, in England gelandet, um dann Reggae ernsthafter wahr zu nehmen. Bands wie MISTY IN ROOTS, LINTON KWESI JOHNSON, ASWAD oder STEEL PULSE haben uns in politischen und ideologischen Ideen unterstützt und beeinflusst. Aus dieser Position heraus war es auch ein etwas anderes Herangehen an Reggae, als es vielleicht bei anderen war, die - etwas plakativ formuliert - über BOB MARLEY, Kiffen, Strand und Karibik dazu gekommen sind. Diese Assoziationen hatten mich damals weniger interessiert. Ich bin über 20 Jahre Reggaemusiker und war noch nie auf Jamaika, aber schon etliche Male in London. (lacht)

Einer meiner stärksten Einflüsse dieser Zeit war neben MAD PROFESSOR und seinem Ariwa-Label ganz klar ADRIAN SHERWOOD, den ich 1985 während eines Aufenthalts in London einfach mal kontaktiert habe. Wir haben ihn damals richtig aufwendig aufgespürt, indem wir einfach zu den Plattenfirmen hingegangen sind und gefragt haben, ob sie den kennen. Irgendwann hatte ich auch meine Nummer dort gelassen und er rief mich dann zurück und sagte "Was suchst du mich, wer bist du, was willst du von mir?". Nachdem wir geklärt hatten, dass ich nicht vom FBI bin (lacht), haben wir uns dann getroffen. Bei diesem ersten Treffen 1985 waren von den On-U Sound Reggaeleuten unter anderem DEADLY HEADLY (Anm. d. Red.: a.k.a. Headly Benett) und Bonjo I von AFRICAN HEAD CHARGE und NOAH HOUSE OF DREAD dabei, bei dessen Bruder ich auch 1991 'ne Zeit gewohnt hatte, als ich in London war. Und dann war da natürlich noch BIM SHERMAN - Rest In Peace -, ein großer Verlust, dass er nicht mehr da ist. Er war auch ein sehr wertvoller Mensch für mich.

Was mich damals auch noch sehr beeindruckte, waren die Londoner Dub Dances von JAH SHAKA. Das war der Original-Sound, das war 'uplifting'. Die Nacht verging wie im Fluge und am Ende ging man morgens mit mehr Energie nach Hause, als man vor dem Dance hatte. Diese Shaka Dances waren Ende der 1980er, Anfang 1990er auch legendäre Geburtsstunden von vielen Projekten wie zum Beispiel ZION TRAIN oder ALPHA & OMEGA.

Jens: Euch gab es ja eigentlich vor den ersten puren Reggae-, Dancehall- oder Dub-Plattendrehern in Deutschland?


Felix: Parallel zur Reggae-Bandszene mit Instrumentalisten und Sängern entwickelten sich langsam die Soundsystems. Das war auch ein langer Weg vom DJ, der mal Reggae auflegt, bis hin zum Soundsystem mit eigener Anlage und Dubplates. Armin und Uwe mit ihrem Conquering Sound aus Hannover gehören, soweit ich mich erinnere, zu den ersten Pionieren der jamaikanisch geprägten Soundsystem-Szene.
Wir hatten mit unserem Drumcomputer "SP12" auch einige Versuche unternommen, ein Dub-orientiertes Soundsystem zu etablieren. Das war 1988 - aber etwas zu noisy und viel zu trashig für die damalige Zeit, als dass es von der Reggaeszene akzeptiert werden konnte. Das war Punk mit anderen Mitteln! (lacht)

Jens: Damit sprichst du etwas an, was mich selbst schon länger interessiert. Viele Menschen, mit denen ich rede, sind zu dieser Zeit über Punk zum Reggae gekommen. Du hast ja zwischendurch auch in Punkbands gespielt, oder?


Felix: Ja, die Band, in der ich Natalie 1983 kennenlernte, war die Glam/Punkrock-Band CHILDREN OF THE REVOLUTION und mein erster Studiojob 1979 als Sessiondrummer war in Berlin für die Punkband RAMRODS. Dort machten wir die Aufnahme 'Schickeria, Schweine, Bonzen', die in den 1980ern, wie man mir später erzählte, zur Hymne der Berliner Hausbesetzerszene wurde. Ich spielte zu brettigen Gitarren einen energetisch punkigen Rockers Beat, ähnlich wie er bei der britischen Skaformation THE BEAT aus der Zeit zu hören war.
In England gehörten Punk und Reggae Ende der 1970er Jahre zusammen. Es waren beides neue Styles, die etwas bewegten. Es war die Zeit der "Rock gegen Rechts"- oder in England "Rock against Racism"-Konzerte. Dort trafen sich alle politisch korrekten Gutmenschen, um gegen Intoleranz und Ausgrenzung anzufeiern. Rückblickend kann ich aber sagen, dass die Zeit auch nicht unbedingt einfacher war. Tschernobyl und amerikanische Atomwaffen in der BRD hatten uns alle schwer beunruhigt. Left-wing UK hatte in Thatcher ein ebenso "beliebtes" Feindbild gefunden, wie die politisch links aktive BRD in Dr. "Birne" Höllmut Kohl.

Jens: Man nimmt das ja auch immer romantischer wahr, wenn man es nicht miterlebt hat. Das Kultbewusstsein entsteht oft erst bei nachfolgenden Generationen. Aber wo waren wir? Der Eindruck, den ich habe, ist, dass vor allem aus dem Punkbereich viele Leute zum Reggae kamen und kommen. Warum?


Felix: Die Ideologien von Reggae und Punk sind vielleicht in der Grundausrichtung ähnlich. Dreads wie auch Punks rebellieren gegen das "materialistische System", gegen "Babylon", gegen Unterdrückung und Fremdenfeindlichkeit. Das hat seinen Ursprung in den Riots um den Karneval in London. Das war die Zeit der "Punky Reggae Parties". Die Bands spielten alle gemeinsam auf Festivals. Punk, Reggae und Dub wurden in London als ein neuer Trend gemeinsam wahrgenommen.

Das war auch meine Sozialisation, ebenso wie die von Nicolai Beverungen (Anm. d. Red.: Echo Beach-Labelchef), übrigens ein guter Freund von mir. Der ist auch immer noch Punk (lacht) und jeder, der ihn kennt weiß, was ich meine (lacht laut).

Jens: Kannst du dich an das Aufkommen erster Sounds oder weiterer Acts im Reggaebereich denn erinnern?


Felix: Du fragst sicher nach den ersten Erfolgen der Sounds. Wie gesagt, die ganzen 1990er Jahre habe ich THE VISION gemacht, hatte wirklich sehr viel zu tun, war hoffnungslos überlastet als Schlagzeuger, Bandleader, Produzent und Tourmanager dieser Band und wollte nebenbei noch mein Tonstudio an den Start bekommen. Die Entwicklung der Soundszene habe ich nur als Konsument auf Festivals und Dances mitbekommen.
Berauschend waren die Dub Events von Pensi in der Roten Flora in Hamburg. Das war wirklich der einzige Platz hier im Norden wo Dub so authentisch klang wie in London.

Ende der 1990er kamen dann SEEED. Nicolai hatte mir eine CD geschickt. Und mit SEEED kamen hart arbeitende Musiker, die professionell und hoch motiviert ihr Ding durchzogen. SEEED wie auch GENTLEMAN sind für mich hervorragende Popkünstler im positiven Sinne! Dass sie Reggae machen, macht sie nur noch sympathischer (lacht). Ich finde es immer wieder gut, in den Charts Musik zu hören, die ich wirklich selber mag.

Jens: Weshalb und wann wurde die Band beziehungsweise das Projekt THE VISION beendet?


Felix: Das hatte mehrere Gründe. Ich hatte schon seit 1991 keinen Bock mehr zu touren, machte aber bis 1997 weiter. Das war die Phase, in der ich Musik eigentlich nur für mich selber gemacht habe. Das Touren im Bus, müde irgendwo ankommen und dann noch alles aufbauen. Das waren alles Dinge, von denen ich nach zehn Jahren einfach ausgebrannt war. Beim Touren wartest du ständig auf alles - du wartest auf den Bus, du wartest im Stau, aufs Catering, das Aufbauen, die PA, den Hotelschlüssel, wartest auf das Publikum und dann kommt es nicht. (lacht) Diese Warterei war für mich auf Dauer zu anstrengend.

Studioarbeit hat mich einfach mehr angeturnt. 1995 fing ich an mit meinem Solo-Sideprojekt TRANCE VISION STEPPERS, kurz 'TVS', mehr in Richtung elektronischer Dubmusik zu gehen, und 1997 löste ich dann die Liveformation von THE VISION auf, um mehr Zeit für meine Studiotätigkeit zu haben und um mit Freunden 1998 die "Studio-WG" Time Tools zu gründen.

Jens: Als ich mal leichtsinnig am Telefon behauptet habe, dass Studioarbeit bestimmt irgendwann ermüdend wird, hast du mir geantwortet, dass man dich 24 Stunden in ein Studio sperren kann und du permanent zufrieden und glücklich arbeiten kannst. Was genau gibt dir denn diese Arbeit?


Felix: Ich bin Workaholic, ich kann morgens aufstehen und achtzehn Stunden durcharbeiten. Dann bin ich glücklich. Die Arbeit besteht für mich darin, mich in einen bestimmten emotionalen Zustand zu bringen, wo ich das Bild, das Musik im Kopf erzeugt, zwischen den Boxen sehen kann. Das heißt, ich baue Bilder und bin eigentlich ein bildender Künstler, zufällig eben mit Tönen. Dazu braucht man eine gewisse Ruhe, damit man diesen Denkpunkt und die Inspiration bekommt. Das dauert einfach auch seine Zeit.

Wenn also die berühmte Frage kommt: "Wie machst du deine Sounds, wie bekommst du das hin?" kann ich nur antworten: "Das wüsste ich auch sehr gerne". Ich forsche da seit 30 Jahren dran, wie man das macht (lacht). Wenn ich es hinbekommen habe, ist keiner erstaunter als ich selbst. Dieser Moment ist so wunderbar, wenn du dich selbst in Erstaunen versetzen kannst. Und nach diesem Moment bin ich, glaube ich, süchtig (lacht). Im Endeffekt ist das Ganze vielleicht ein "Suchtproblem" von mir. Es ist wirklich der schönste Moment, wenn du merkst, dass du gerade ein paar Dinger am Mischpult geschoben hast, die auf dem Punkt sitzen.

Die Computertechnik und die Studioarbeitsmöglichkeiten, die wir heute zur Verfügung haben, sind natürlich wesentlich ausgereifter geworden. Nun kann man ganz andere Eingriffe machen. Das hat sich wirklich zum Vorteil verändert. Davon haben wir vor 20 Jahren nur geträumt. Es ist nun vieles wahr geworden, ich durfte diesen Traum leben und dafür bin ich dankbar. Über 20 Jahre lang konnte ich machen, was ich wollte und bin sogar dafür bezahlt worden (lacht). Mehr geht eigentlich nicht. Ich denke, das Wichtigste ist, dass du eine Tätigkeit hast, die dich ausfüllt, mit der du im Reinen bist.

Klar gibt es ein paar Mixe, die man hätte anders machen können. Heute weiß ich natürlich vieles besser und habe auch mehr Zeit zum mischen als früher. Damals mussten wir an einem Abend mit dem Mix durch sein, weil das Studio am nächsten Tag schon wieder von anderen genutzt wurde. Heute kann ich mir mit "total recall" in den Rechnern so viel Zeit lassen, wie der Mix eben braucht, denn ich kann zeitgleich an mehreren Songs arbeiten. Das habe ich auf der "Dubvision II" so gemacht.

Das Anniversary-Album erscheint demnächst auf unserem Digital-Label "Perkussion & Elektronik" und enthält neben Dubs von der FAR EAST BAND und GENTLEMAN sowie TAMIKA & MAMADEE auch alte Tracks von der HERBMAN BAND und THE VISION. Die alten Sachen mussten wir erst einmal aufwändig restaurieren, weil die alten Tapes nicht mehr abspielbar waren. Zum Glück haben wir einen Verlag, der sich um so etwas kümmert. Der Professor weiß, wie man das macht. Die Tapes wurden bei einer bestimmten Gradzahl eine bestimmte Zeit im Backofen aufgebacken. Dadurch schmelzen die Magnetteilchen etwas an und die alte Soundqualität ist für eine bestimmte Zeit wieder hergestellt, so dass man das 24 Spur 2"-Tape abspielen und die einzelnen Spuren dann digitalisieren kann. Und so wurde das alte Material für die Computerarbeit konvertiert und ich konnte davon neue Mixe ziehen. Das Interessante ist, dass die "Dubvision II" trotz der Jahre, die zwischen den verschiedenen Aufnahmen liegen, doch sehr homogen klingt. Es ist ein leichtes Instrumental-Dubalbum mit vielen Vintagepoints. 


Jens: Du hast schon ein wenig die Veränderungen in der Arbeit und bei der Technik angesprochen seit du im Musikbusiness tätig bist. Was gibt es denn noch, das sich für dich in diesem Bereich zum Positiven verändert hat?


Felix::Computer sind Segen und Fluch zugleich. Eine zentrale Forderung der 68er lautete: "Produktionsmittel dem Volke" und wurde meiner Meinung nach mit dem PC erfüllt. Der Nachteil der leichteren Verfügbarkeit von Produktionsmitteln ist, dass es irgendwie auch nichts mehr Besonderes ist, wenn man was macht. Denn es machen alle was. Und genau das ist das Dilemma. Nun meint jeder berufen zu sein, Musik zu machen, und da lässt im Durchschnitt dann doch mal die Qualität etwas zu wünschen übrig. Durch den krassen Werteverfall in der Musikbranche und die günstigen Produktionsmittel ist es fast erforderlich, dass heutzutage schon Schülerbands fertig produzierte CDs, Merchandise-Artikel und Videos am Start haben, obwohl sie nur um die Ecke in der nächsten Schule spielen. Aber ich finde es richtig, wenn die jungen Bands gleich lernen, wie es richtig geht, um möglichst selbstverantwortlich und unabhängiger handeln zu können. Am Ende finde ich diese Entwicklung sehr gut.

Jens: Du hast ja schon die "Dubvision II" und Sachen für GENTLEMAN oder die FAR EAST BAND erwähnt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was machst du sonst so für Produktionen im Offbeat-Bereich ?


Felix: Ich habe Marco Baresi (Anm. d. Red.: Drummer bei der FAR EAST BAND) Ende der 1980er kennen gelernt, als er mich mit THE VISION eingeladen hat, eine Tournee in der DDR zu spielen. Da habe ich natürlich zugesagt, denn es war damals hip, als Westband in der DDR zu spielen. Als es endlich soweit war, alle Formalitäten geklärt waren, die Staatssicherheit unsere Platten und Texte überprüft hatte, die Marco einreichen musste, und auf alles abgenickt wurde… war das politische System der DDR am Ende. Die geplante Tournee in der "Noch-DDR" fand dann Anfang '90 statt. Das war ein spannendes Ding und es wurden Freundschaften fürs Leben geschlossen.

Irgendwann spielte die FAR EAST BAND als Backing Band für GENTLEMAN und wollte ein Soloalbum machen. Marco aktivierte unsere alte Seilschaft, und so kam es zu Aufnahmen, erst für die FAR EAST BAND, dann für GENTLEMAN, und für die EP von Tamika & Mamadee, die wir zusammen mit Christian Decker (Anm. d. Red.: Bassist von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE) bei uns im Time Tools machten. Christian, Marco und ich haben dann auch das FAR EAST BAND-Album 'Tough Enough' produziert.

Ansonsten mache ich natürlich noch ein paar andere Dinge. Ich bin auch dem chilligen Lounge- und Downtempobereich verhaftet. Projekte wie PRE-FADE LISTENING beziehungsweise 'PFL' oder auch CHIN CHILLAZ finden sich auf vielen Compilations oder TV-Nachtschleifen wie z.B. der "Spacenight" oder "Flowmotion". Das ist ja meistens ein rotes Tuch für den eingefleischten Reggaefan, denn diese eigenständige Geschichte des Dubs, die heutzutage mehr in Wien oder Neuseeland geschrieben wird, gilt ja in "hermetischen Kreisen" als Hochverrat (lacht). Gegenbeispiel: Wieder viel aufgeschlossener sind da die Künstler, die auf "beiden Hochzeiten" spielen, wie z.B. PAUL 'Tikki' ST. HILAIRE, den ich 1989 auf Dominica kennenlernte. Mich faszinierte damals schon seine Stimme und wir haben ihn dann nach Deutschland eingeladen. Tikki kam und ging dann nach Berlin, um dort sehr gute Sachen mit Basic Channel, RHYTHM & SOUND und anderen neuen Dubkünstlern zu machen. Die Berliner haben wirklich eine interessante und vor allem international hoch anerkannte Verbindung zwischen Dub und elektronischer Musik geschaffen.

Jens: Welche Sachen hörst du denn heutzutage, wenn du nicht gerade selbst produzierst?
 

Felix: Wenig, erstaunlich wenig. Vor einem Jahr hat mir meine Freundin Elke das "private" Musikhören erst wieder nahe gebracht. Ich hatte bestimmt 15 Jahre kaum privat Musik gehört, echt!
Wenn du am Tag viele Stunden mit Musik zu tun hast, findest du es geil, wenn du die restlichen Stunden was anderes machst. In der Küche höre ich nebenbei Radio. Ach ja, YouTube und MySpace gibt es ja auch noch. Nun, da schau ich auch mal rein.

Jens: Was bekommst du denn von der aktuellen Szene noch mit?


Felix: (lacht) Nichts. Nein, so schlimm ist es doch noch nicht. Sehr positiv finde ich Sandokan Intl., die zur Zeit mein absolutes Top Soundsystem hier in der Stadt sind. Alex und Silan treffen wirklich sehr genau den Dub-Vibe, dem wir auch als THE VISION gehuldigt haben. Dann ist auch Jens a.k.a. "Rude 66" (Anm. d. Red.: Gründungsmitglied von THE VISION) am Vorbereiten von etwas Neuem. Das wird sehr interessant werden, da bin ich sehr gespannt drauf.

Aber auch zu Benjie und Rebel Sound gibt es guten Kontakt. Neulich gaben die Jungs einen chilligen Nachmittagsjam in einem Biergarten. Es war warm und sommerlich, alle waren cool und es gab gute Musik. (lacht) Besser geht nich! Bei den jüngeren Sounds habe ich bemerkt, dass die Werte, die wir damals im Reggae gut fanden, von der neuen Generation wieder mehr aufgenommen werden. Das gibt mir ein gutes Gefühl.

Jens: Neben dem Musikmachen und Produzieren betreibst du ja auch noch ein Label?


Felix: Wir haben Ende letzten Jahres ein Digitallabel im Time Tools gegründet. Im Wesentlichen vertreiben wir Compilations, die wir aus verschiedenen musikalischen Bereichen zusammenstellen, ähnlich wie ich es die letzten Jahre zuvor bei Moonray Records gemacht habe, nur eben digital. Das ist auch ganz gut angelaufen, so dass wir uns dazu entschieden haben, weitere Unterlabel zu gründen.

Mit "Perkussion & Elektronik" habe ich mir eine digitale Plattform geschaffen, auf der ich meine neuen und alten Reggae-, Dub- und Downbeat-Produktionen veröffentlichen kann. Die Rechte an meinen alten Produktionen habe ich mittlerweile alle wieder beisammen. Es kann also losgehen. Am 21.06. werden wir die ersten beiden Alben von THE VISION, nämlich die '10 Trax of Reggae- and Dubmusic' und die erste deutsche Dubscheibe 'Dubvision' digital wieder veröffentlichen. (Anm. d. Red.: Das Transkribieren des Interviews hat natürlich wieder seine Zeit gedauert und beide Scheiben sind inzwischen veröffentlicht)

Jens: Wirst du auch die "Dubvision II" releasen?

Felix: Ja, im Juli soll die "Dubvision II" als erste Neuveröffentlichung kommen. Zusätzlich gibt es mit 'Politoxicomania' auch wieder einen Re-release. Die Wiederveröffentlichungen bieten wir auch zu einem Niceprice von 4,99 € an. Wir sind sehr gespannt drauf, wie es anläuft, denn wir haben die letzten Monate viele Produktionen gesichtet, überarbeitet, katalogisiert und die Administration organisiert. Das macht denn doch ein bisschen Arbeit, aber erstaunlicherweise kann ich dieser Tätigkeit inzwischen sogar was abgewinnen. Es macht ja auch Spaß. Nach wie vor. All bless! (lacht)

Jens: Na dann freuen wir uns auf die Veröffentlichungen, die da kommen!


Felix: Danke. Ihr werdet die ersten sein, die erfahren, was bei uns geht. Stay tuned!

Jens: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Jens P. Neumann von Reggae-Town im Juli 2009



Zweiter Teil: weitere Fragen von Dub-O-Rama  

Dub-O-Rama: Tontechnik kann man lernen – das Dubben als Geheimwissenschaft muss man sich aber selber beibringen, denn schließlich geht es ja auch um den eigenen Style...

Felix: Ich war schon begeistert von der Mehrspurtechnik, bei der wir im Overdub- Verfahren einen ganzen Song bei voller Instrumentierung nur zu zweit aufnehmen konnten. Dub ist eigentlich ein recht spielerischer Umgang mit Studiogeräten. Da probierst du aus und auf einmal klingt es. Es hat was von kindlichem Entdecken. Außerdem ging es uns damals um das „Aufbrechen der Hörgewohnheiten“. Wir wollten etwas anderes, als das immer wieder gehörte. Bitte dran denken: Computer und Sampler gab es damals noch nicht. Die Soundvielfalt oder besser die Sound-Übersättigung war noch längst nicht so fortgeschritten wie heute. Da fielen ungewöhnliche Mixe von Lee Perry, Scientist, King Tubby, Mad Professor und auch Adrian Sherwood noch ganz anders auf. Selbst ausgebuffte Tontechniker waren durch jahrelange Prägung in ihrem Metier nicht unbedingt in der Lage solche Mixe nachzuvollziehen. Das war Punk mit anderen Mitteln – und wir standen drauf.

Dub-O-Rama: Du bist Adrian Sherwood, den Künstlern aus dem Dunstkreis von On-U Sound, Jah Shaka und vielen anderen Machern britischen Dubs begegnet. Damals war fetter Neo-Dub angesagt, doch Deine eigenen Arbeiten in Dub haben sich stets viel Verspieltheit bewahrt. Verspielt wie kraftvoll zwischen rootsy vintage Dub und zeitgenössischem Chill-Out Dub, aber keine fetten House-Dub oder Techno-Dub-Geschichten.

Felix: Dem Dub House widme ich mich eher in Remixen. Dafür arbeite ich in unserer „Studio-WG“ Time Tools gern mit unserer Deep House Abteilung um 11_Inch, Senso und in Persona; Christian Weiland zusammen. Deep House, Dub House und Steppers sind schon etwas verwand. Diese mehr elektronische Gangart bediene ich mit meinem Projekt „tvs“ oder auch „Trance Vision Steppers“ genannt.

Dub-O-Rama: In Zusammenarbeit mit dem großen Electronic-Pionier Klaus Schulze hast Du den phantastischen Chill-Out-Dubber „Test Dept.“ auf der „tvs2“ hingelegt! Was gibt es über Deine Begegnung mit ihm zu berichten?

Felix:
Klaus Schulze habe ich 1982 das erste Mal getroffen, als wir Teile der "Unmodern"-LP von DER MODERNE MAN bei ihm im IC-Studio in Winsen aufgenommen haben. Das war ganz spannend, weil Klaus zu der Zeit ebenfalls im Studio war und vornehmlich nachts an seinen Sachen arbeitete. Da man ja damals erst die drums einspielte, dann die übrigen overdubs, waren die Drummer immer als erste fertig. So auch ich – und der Drummer von Klaus auch. Das Glück wollte es, dass Klausens Drummer niemand geringeres als MICHAEL SHRIEVE war! So kam ich in den Genuss, beim SANTANA-Drummer der Woodstock-Zeit ein paar drum-lessons zu bekommen. Jahre später habe ich Klaus dann bei den Kölner Chill-Elektronik-Experten SOLAR MOON wieder getroffen. Er lud mich in sein Studio ein und bei einer leckeren Flasche Wein haben wir dann den Track "test dept." aufgenommen. Das ganze war eine zwanglose Versuchsreihe zum Thema "klassische Moog Sequenzer Linientreffen auf Dubarrangements mit entsprechenden Echo- und Halleffekten". Wir hatten eine gute Zeit. Ich fand den Track natürlich auch schon klasse, während Klaus noch nicht einmal das Intro richtig fertig gespielt hatte. Seine Soundscapes sind ja eher episch angelegt und seit Einführung der CD selten unter 80 min Laufzeit. Da ist das schon eine Übung, mir Ihm einen Track mit "nur" 8 min. hinzukriegen.

Dub-O-Rama: Gibt es den Drummer FE WOLTER noch? Oder verstaubt Dein Drum-Set inzwischen in einem Keller?

Felix: Ich spiele in der Tat nur noch sehr wenig Schlagzeug. Nachdem ich THE VISION Anfang 1997 aufgelöst hatte, habe ich mich mehr in Richtung Studio und Produzieren ausgerichtet. Ab und an haben mich Dub-Kollegen, wie z.B. MATTHIAS ARFMANN vom TURTLE BAY COUNTRY CLUB oder NOISESHAPER noch mal für live am Schlagzeug bzw. an den Percussions eingeladen, aber im Grunde ist meine jetzige Tätigkeit am Mischpult für mich die schlüssigere Weiterentwicklung meiner Talente. Instrumentbezogenen Ehrgeiz habe ich nie so richtig entwickelt. Ich war immer schon produktorientiert.

Dub-O-Rama: Was war Dein schönstes Live-Erlebnis bei einem Konzert mit THE VISION? Das bemerkenswerteste Konzert?

Felix: Die wohl schönsten Konzerte von THE VISION waren auf der Loreley bei den ersten Summer-Jams. Der Backstagebereich ist einfach definitiv der schönste in ganz Deutschland. Die bemerkenswertesten Konzerte waren wohl die der Noch-DDR Tour, die von Marco Baresi (jetzt Far East Band) und Lanni (Pioneer von Germaican) organisiert wurden und im Frühjahr 1990 stattfanden.

Dub-O-Rama: Sind die Re-Releases reine Remasterings oder wurde hier und da doch noch ein wenig mehr, oder gar manches mal doch noch richtig dran rumgefrickelt?

Felix: Die Re-releases sind nicht ge-re-mastered. Das wurde ja damals schon für die CD-Produktionen auf Digitalniveau gemacht. Es gibt aber ein paar Trax, die damals noch gar nicht veröffentlicht wurden, wie z.B. einige Interpretationen der "VISIONAIRIES" oder eben die neuen Remakes auf der demnächst erscheinenden "dubvision II". Die wurden jetzt nach dem heutigen Standard von ENRICO MERCALDI für Time Tools Mastering bearbeitet.

Die Fragen des zweiten Teils führte Bernhard Groha

 

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