Ein
Interview mit dem TOSCA-Duo Rupert Huber und Richard Dorfmeister |
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Das
Cover von „J.A.C.“ ist aus echtem Leder. Eine kostenintensive
Herausforderung für die Plattenfirma !K7. Warum ist Euch aufwendiges
Coverdesign so wichtig? RD: Bei uns ist das eine
Zusammenarbeit. Wir zwingen die Plattenfirma nicht in die Knie, sondern wir
arbeiten zusammen. Weil es ja auch schon so eine lange gemeinschaftliche
Arbeitsgeschichte zwischen !K7 und G-Stone gibt, und speziell Tosca. Wir
konzentrieren uns immer auf eine Verpackung, die etwas Besonderes ist und hält,
auch für längere Zeit. In diesem Fall ist es eine Variante, die es in der
Form, glaube ich, noch nicht gegeben hat. Es soll immer neu sein in der Art,
wie es sich anfühlt. Das hat mehrere Gründe. Erstens, damit es generell
etwas Besonderes ist. Und zweitens als etwas Besonderes für alle
Plattensammler, weil man solch eine Platte halt nicht second hand findet.
Sie ist allein vom Material so wertvoll, dass sie eigentlich sofort
vergriffen ist. Und wenn die Musik dann auch noch gut ist, ist es natürlich
super. Auf jeden Fall hat das für uns einen ganz wichtigen Stellenwert. Natürlich
kann man darüber streiten, ob das zeitgemäß ist oder ob in Zeiten des
Downloads das überhaupt noch irgendjemand braucht. Aber wir kommen halt
noch aus einer Schule, in der das eine extreme Bedeutung hatte, das
Studieren des Covers, das Lesen des Kleingedruckten und jenes Gefühl, das
durch die Kombination von Graphik und Sound entsteht. Das ist uns sehr
wichtig. RH: Wenn schon, denn
schon. Wenn man kein Cover braucht, kann man sich’s gern downloaden. Wenn
wir aber schon ein Objekt machen, dann soll’s auch ein Objekt sein und
nicht eine Verpackung. RD: Völlig! Ganz
wichtiger Punkt. Es macht nur keiner mehr. Weil es sich ja auflöst, das
Covergetue. Aber, wie Du selber sagst: umso wichtiger, dass man solch ein
Statement setzt, Oldschool Style. Was
könnt Ihr über die Zusammenarbeit Eures Labels G-Stone mit !K7 sagen? RH: Kurz und prägnant. RD: Nein, G-Stone
Kreativ-Pool, !K7 Umsetzungsplattform. Da ergänzen sich gewisse Dinge gut.
G-Stone wird zwar auch immer organisierter, aber eigentlich war es immer ein
Freak-Label. Es war nie so ernst gemeint, sondern immer eher so, ok, bringen
wir was raus und schauen wir, was passiert. Jetzt wird das natürlich immer
besser organisiert, aber mit !K7 haben wir einen guten Partner, vor allem für
die größeren Projekte. Wie
beurteilt Ihr die Entwicklung von G-Stone Recordings - vom Spaßprojekt zum
immer größer werdenden Label? Das ist auch ähnlich wie
bei einer Beziehung. Es sind Dynamiken, die einfach passieren. Man lernt,
damit umzugehen. Du machst das Beste draus, anyway. Ich mein, wir machen das
Ganze jetzt schon so lange. Das verläuft wellenförmig. Plötzlich beschließt
die Welt, dass dieser Sound angesagt ist, und dann kommt wieder ein großer
Schwall und es ist stärker als sonst. Glücklicherweise haben wir bereits
eine feste Fanbasis. Sie geht zwar nicht in die Millionen, aber es gibt ein
paar tausend Menschen, die unserem Sound folgen; die uns zwar nicht blind
folgen, sich aber irgendwo auf unseren Sound verlassen. Und das gibt es ja
eh schon kaum noch. Die meisten Platten sind Enttäuschungen, weil man am
Ende doch nur einen Song davon hört. Nicht, dass wir jetzt unbedingt unsere
Fans andauernd verwöhnen wollen, aber ich glaube schon, dass einige Leute
auf unseren Sound stehen. Auch weil er nicht hundertprozentig Chill oder
Trip Hop ist, um dieses Wort zu verwenden, sondern weil es eher einen
eigenen Stil beschreibt. Deshalb sehe ich uns auch lieber im Rock/ Pop-Fach
als im Elektronik-Fach. RH: Etwa vergleichbar, wie
wenn ich gerne Raymond Chandler lese und dann vom neuen Buch enttäuscht
bin, weil das Liebesgeschichten sind. Oder wie Richard vorhin gesagt hat,
wenn man sich eine J.J. Cale Platte kauft und dann ist da ein
Eighties-Drum-Loop drauf mit irrsinnigem Hall. Hat er probiert, aber das ist
dann einfach, na ja, da merkt man, es ist irgendwo einfach eine Identität
mit dem, was einer macht oder was zwei machen. Dann hat man entweder das Gefühl,
das ist richtig oder das ist jetzt irgendwie kalkuliert. RD: Um J.J. Cale
anzusprechen, der hat zum Beispiel nie eine Disco-Platte gemacht. In den
70er und 80er Jahren, der Disco-Zeit, ist er seinen Blues-Wurzeln treu
geblieben. Auch John Lee Hooker hat nie ein Disco-Album gemacht. Aber es
gibt viele Funk-Jazz-Leute, die ab 1978 Disco-Alben gemacht haben, die
teilweise irrsinnig schlecht, zum Teil aber auch sehr gut waren. Herbie
Hancock mit „Rock It“ ist in etwa vergleichbar mit dem Moment, als Bob
Dylan zur E-Gitarre gegriffen hat. Es ist schon gut, wenn man sich erneuert.
Aber in gewisser Weise ist Bob Dylan sich dann auch wieder treu geblieben,
allein durch seine Texte und seine Art. Man bleibt sich also treu und kann
auch gar nicht anders. Sobald du so tust, als wärst du jemand anderes,
funktioniert es nicht. RH: Das ist vielleicht der
Unterschied zwischen dem Denken eines Künstlers und reinem
Produzentendenken. Wir schauen nach innen oder einander ins Gesicht,
mit den Ohren, wenn man das so sagen kann, und nicht so sehr nach außen auf
das, was jetzt gerade angesagt ist. So wie der Typ, der da rum fährt und
seine eigenen Platten kauft. So weit kommt’s noch. Wie
löst Ihr das Problem, einerseits den Fans einen verlässlichen Sound zu
bieten und Euch andererseits als Künstler weiter zu entwickeln? RD: Ich glaube, die Fans
wachsen mit uns. Die werden ja auch nicht jünger. Die haben dann ja auch
Kinder in Wirklichkeit. Die leben ja mit dir. Und so beschreibt es dann ja
auch wieder ein Jahr, jetzt schon rückblickend, ein Jahr deiner
Entwicklung, und du erinnerst dich an all das, was passiert ist. Also mir
geht das so. Aus dem Jahr 1993 habe ich die und die Platten und da war die
und die Musik wichtig. Das ist dann das ultimative Tagebuch. Deshalb würde
ich meine Platten auch niemals verkaufen. Weil das, fast besser noch als ein
Fotoalbum, so viele Erinnerungen wachruft, die sich in keinem Text oder
Fotoalbum speichern lassen. Ähnlich wie die alten Tapes in der Schule. Das
hat unglaublichen Wert, finde ich. Und so beschreibt das jetzt das Jahr
2005, mit den Kids, neue Situation. Kann man jetzt noch nicht beurteilen, ob
das gut oder schlecht ist, es ist einfach. Deshalb machen wir das alle paar
Jahre mal, um zu sehen, wo man steht. RH: Ein gutes Element ist,
dass das eine schöne körperliche Erfahrung ist, wenn so ein Ding auf einem
rumkrabbelt. Der Arthur hat mich die längste Zeit in den Zeh gebissen, das
war lustig. Jetzt ist er anderthalb Jahre alt, so mit einem Jahr halt.
Dadurch ist es eigentlich, wenn man vorher so mit sich selber mehr oder
weniger allein ist, ist es ein bisschen entspannter geworden, von der körperlichen
Seite. Das löst beim Spielen vielleicht ein paar Barrieren, die man sonst hätte
aus Vorsicht oder aus Isolation. Dadurch, dass das für kurze Zeit, bis die
größer werden, die physische Isolation auflöst, kann man vielleicht
sagen, dass das Spielen besser fließt oder die Finger einfach mehr von
selber loslaufen. Also das wäre jetzt wirklich der einzige wirkliche
Zusammenhang mit der Babygeschichte. RD: Wir wollten die Kinder
auch nicht als Verkaufsargument hochziehen. Vielleicht kommt das im
Pressetext falsch rüber. Das ist eigentlich nur eine Widmung an die Kids,
die sich dann in zehn Jahren vielleicht darüber freuen, dass wir ihnen das
damals gewidmet haben. Aber mehr soll es eigentlich nicht sein. Wir halten
die Babies nicht als Verkaufsargument hin, you know. Wie
wirkt sich die Vaterrolle auf Eure Arbeit als DJs aus, wo man doch meist
nachts arbeitet und viel unterwegs ist? Ist das noch in bisheriger Form
machbar? RD: Weniger, und dann bist
du aber auch wahrscheinlich besser, weil konzentrierter. Alles ist relativ,
hat einen anderen Wert bekommen. Wichtigkeiten haben sich völlig
verschoben. Also jetzt so daily moodiness oder schlecht aufgelegt sein wegen
irgendetwas, ich glaub nicht, dass das noch in der Form vorkommt. Ich mein,
natürlich kommt es vor, aber anders. Weil du das immer in Relation zu
deinem Kind siehst. Da werden so viele day-to-day problems so lächerlich.
Vielleicht wird man dadurch auch im Studio besser und nutzt die Zeit
konkreter und ist vielleicht auch beim Auflegen besser, weil man es, glaube
ich, stärker spürt. Äußert
sich diese Leichtigkeit in so lustigen Songtiteln wie „Naschkatze“,
„Damentag“ und „John Lee Huber“? RH: Das war halt immer die
Idee und das gilt nach wie vor, dass man die Stimmen wie ein Instrument
sieht. Bei „Fuck Dub“ war das „dadadadida“. Vom Text her ist
„Suzuki“ vielleicht die Weiterentwicklung mit „tschktschk“. Und dann
sind wir eigentlich so weit durchgestiegen in dem Thema, dass wir wirkliche
Texte trotzdem so behandeln, als ob es eine Gitarrenstimme oder so wäre.
Deshalb ziehen wir es vor, wenn es in den Nonsens oder ins Assoziative
rutscht und nicht so „ich fühl mich gut“ oder „ich fühl mich
schlecht“ oder „wählt Ratzinger“ oder irgend so etwas. RD: Can haben das ähnlich
gemacht. Can haben immer absurde Vocals verwendet. Bei uns war das eher zufällig,
dass uns das mehr angesprochen hat, weil wir aus der Instrumentalmusik
kommen und die Vocals wie ein Instrument behandeln. Oft ist das den
Vokalisten auch nicht ganz klar, wieso wir das machen und dann oft Teile aus
den Aufnahmen verwenden, die gar nicht für die Aufnahme gedacht waren
sondern eher von diesem Denken kommen. Das ergibt dann auch Teile unseres
Stils, scheinbar. Wie
kam es zu Songtiteln wie „Heidi Bruehl“? Seid Ihr alte Immenhof-Fans? RH: Überhaupt nicht. Da
war ich damals schon zu alt dafür. Irgendwie kam das so, dass wir
beschlossen haben, bei dem Album, im Zuge des Gesichterzeigens und
Hosenrunterlassens, dass wir bei den Arbeitstiteln geblieben sind. Es zieht
sich durch, dass das eigentlich lauter Nonsens-, im Duo-Produktionszug
entstandene Titel sind. Dadurch heißt es „Heidi Brühl“, weil es nicht
Udo Jürgens heißt. RH: Na ja, das ist sicher
eine Ecke, die wir nicht total ausschließen können aus dem, was wir mögen,
sagen wir mal so. Eine Wirtschaftsministerantwort. Das sind eigentlich immer
irgendwelche Assoziationen, wo man ein Wort in die Luft wirft, weil das grad
so klingt. Das war jetzt „Pyjama“ versus „Nachthemd“, ursprünglich.
So wie durch die Basslinie und die Vibraphone und die Keyboardlinien und
dann diese Brasilo-Gitarre nachher – als ob das so eine Diskussion wäre:
wer ist jetzt besser? Im Pyjama schlafen oder mit Nachthemd schlafen oder
nackt? Wie
wählt Ihr Eure Gastvokalisten aus? Auf „J.A.C.“ finden sich dieselben
Namen wie bei „Dehli 9“. Eine Art Familie? RD: Wir erweitern unseren
Familienstamm. Nicht nur indem wir Kinder zeugen, sondern auch indem wir
unsere Sänger gut pflegen. In gewisser Weise Leute, die keine Weltstars
sind, sondern Menschen, mit denen wir uns auch so gerne mal treffen und mal
abhängen können, wo es nicht nur so ein professioneller Aufnahmecheck ist.
Das ist ganz wichtig für uns. Leute, wo man das Gefühl hat, man würde
live spielen und es geht total schief, aber es gibt keinen Eklat. Solche
Personen ziehen wir an. Diese Leichtigkeit, die es dann dadurch bekommt, hält
das Ganze in einem Bereich, der noch Spaß macht. Ich glaube, es gibt nichts
Schlimmeres als wenn einen alles so bedeutungsschwanger beschwert, dass es
nicht mehr auszuhalten ist. Ich glaube, das gelingt uns ganz gut. Wir sind
auch sehr gut im Verfassen von Songs. Das haben wir uns seit der Schulzeit
so angelernt, dass wir einfach mit zwei Gitarren, oder einer Gitarre und
einem Bass, zwei Bässen oder zwei Pianos, einfach zwei Instrumenten, von
mir aus zwei Bongos, aus dem nichts heraus eine Skizze entwerfen können.
Das geht nur zu zweit und würde alleine nicht funktionieren. Das ist
wirklich ein Geschenk und funktioniert bei uns immer. Da habe ich nie Angst,
dass uns die Kreativität ausgeht. Wir würden noch Musik machen, selbst
wenn wir das nicht mehr veröffentlichen und kein Mensch das mehr hören
will. Wir würden uns trotzdem noch treffen und jammen. Ich glaub, das
brauchen wir einfach, um normal zu bleiben oder um einfach abzustecken, ob
noch alles in Ordnung ist. Ihr
kennt Euch seid Eurer Kindheit. Was macht das besondere Verhältnis zwischen
Euch beiden aus? RH: Na ja, wir kennen uns
ewig lange, und verbinden tut uns nicht nur das, sondern auch das
Musikmachen, so wie wir das heute machen. Wir haben uns kennen gelernt, als
wir zehn Jahre alt waren. Da war noch nicht viel mit Musiker sein. Diese
ganze Entdeckungsreise, von Musik entdecken, irgendwo am Instrument
herumklimpern und dann zusammen spielen und schließlich das Ich mit
einzubringen, das ist, wie Richard grad gesagt hat, eher etwas, das einem im
Leben so folgt wie ein Schatten. Das passiert nicht bewusst in dem Sinne,
dass man Dinge mag oder nicht, sondern ist eher vergleichbar mit der
Situation mit den Kindern: es passiert einfach. Und das ist das Schöne am
gemeinsamen Musikmachen, dass man sich eben nicht mehr durch irgendwas
definieren muss, von wegen, das ist jetzt aber schon der dritte Song mit dem
und dem, lass uns mal darüber reden. Es kommt einfach und kennzeichnet die
Magie des gemeinsamen Arbeitens. Schon eine schöne Geschichte. RD: Also ungeplanter Weise
genial, finde ich. Ich lege ja mit Peter auf und wir pflegen gemeinsam das
Label. Aber wenn man das so geplant hätte, wäre es genial geplant gewesen.
Ich mag es, Dinge so zu belassen, wenn sie ihren Höhepunkt erreicht haben,
statt sie durch irgendwelche Aktionen zu zerstören. Insofern war dieses
Projekt, ungeplanter Weise, für mich als Seitenprojekt ideal. Weil ich da
plötzlich völlig frei war, musikalisch etwas zu tun. Bei diesem Projekt
bestand nie der Druck, so gut sein zu müssen wie nur irgendwas. Es war
immer ein Experimentierfeld: wir treffen uns, jammen und dabei entsteht
irgendwas. Bei K&D war es ab einem gewissen Punkt sicher so, dass der
Druck unerträglich wurde. Es war so eine Erwartungshaltung. Deshalb haben
wir dann auch das Album nicht gemacht. Weil wir aus Druck heraus ganz
schlecht arbeiten können. Es muss immer ganz frei und leicht entstehen. Die
Remix-Compilation „Sessions“ war ja auch eine Zusammenstellung von fünf
Jahren Arbeit und entstand nicht in vier Monaten. Vom Arbeitsprozess sehe
ich das immer noch so, auch wenn dieses Album hier innerhalb von zwei Jahren
entstanden ist. Aber es sind lauter kleine Tagebuchschnipsel, die nach
Jahren ein Album erzeugen. Deshalb habe ich auch nie verstanden, dass Leute
in ein Studio gehen und innerhalb von zwei Monaten ein Album aufnehmen. Das
ist für mich absurd. Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Wir
machen eine Skizze und dann wird Wochen, Monate später weiter gearbeitet,
gemixt und gemastert. Das durchschreitet so einen Prozess. Das kann manchmal
auch ein Jahr dauern, bis sich der Knoten dann auflöst. Deswegen bin ich
nicht unglücklich über die Situation so wie sie ist, auch wenn Tosca nicht
so viele Leute erreicht, weil es offensichtlich nicht identifizierbar ist
mit K&D. Stört mich aber nicht. Wir bauen das Projekt ohne Stress
einfach weiter, auch einfach für uns. War
der Erfolg der „K&D Sessions“ sowie Eurer „DJ Kicks“-Folge so
gesehen ein Segen oder ein Fluch? Wie
hat man sich die gemeinsame Arbeit von Euch beiden im Studio vorzustellen? Wofür
steht die Achterbahn auf dem Cover von „J.A.C.“? Wechselnde
Stimmungen – ein Problem der Jugend oder nicht vielleicht doch eher des
Alters? RH: Also bei mir ist es
eigentlich umgekehrt. Ich komme eigentlich immer besser klar mit dem, was
Sun Ra mal mit den Worten beschrieben hat: Das Schlimmste ist, dass man mit
sich selber das ganze Leben leben muss. Sich selber zu akzeptieren und die
Tatsache, dass in der eigenen Wahrnehmung die eigene Person nur ein kleiner
Teil ist. Wenn dann Sachen passieren wie ein Unfall, irgendeine immense
Liebesgeschichte oder ein Kind, merkt man, dass man aus verschiedenen
Personen besteht, von denen nur ein Teil die Person Rupert ist. Das liebe
ich so an dem Tosca Projekt, dass es Bereiche von mir abbildet, an die ich
alleine gar nicht mehr rankomme. Dass da unterbewusste Ebenen bei mir
erreicht werden. Insofern ist das mit diesem gleichsam plastischen Cover in
schwarz-weiß sehr gut gelungen, diese Thematik ein bisschen anzureißen. Was
erfährt der Hörer durch Eure Musik über die dahinter stehenden Personen? RD: Also ganz
offensichtlich ist es nicht, ein bisschen mystisch bleibt es schon. Soll es
auch sein. Wir haben diesmal mehr gezeigt, zumindest optisch kriegt man mehr
mit als sonst. War ja bisher wirklich verdeckt dieses Projekt. So ein Album
ist immer auch ein Prozess der Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis, auch
vor allem, wenn man dann drüber spricht. Du sprichst ja beim Produzieren
nicht so viel über das Ganze. Du machst es, es entsteht und dann ist es so.
Erst nachher versucht man, es in Worte zu fassen. Für uns ist so etwas wie
jetzt auch immer ein Erkenntnisprozess. Ich bin auch überrascht, was man
selber plötzlich so von sich gibt über die Musik. Musik ist ja eigentlich
nicht in Worte zu fassen. Ist ja oft nur ein Gefühl. Plötzlich muss man
darüber sprechen, oder wie ein Journalist, der schreibt. Du kaufst ein
Musikmagazin und liest über Musik, die du nicht einmal gehört hast. Das
soll man sich dann per Wort vorstellen. Völlig absurd. Es soll schon ein
bisschen mysteriös bleiben, finde ich. Die Projektion soll offen bleiben.
Wenn alles klar oder alles immer gleich bleibt, ist es ja auch langweilig.
Wenn der Himmel immer blau ist, ist es auch langweilig. Der Sturm oder der
Regen macht es spannend, oder die Wolken. Denn die gehen ja auch wieder
vorbei. Das ist das, was Rupert vorhin gemeint hat, dass man seine
Stimmungen akzeptiert und damit auch besser wird, statt sich gehen zu
lassen. Ein bisschen Verantwortung tragen lernt. All diese Dinge. Da wächst
man, und ich finde das eigentlich auch ganz gut so. Wer weiß, beim nächsten
Album haben wir dann nur noch weiße Haare. Das heißt dann „When I’m
sixty-four“, oder nein „Jetzt sind wir sixty-four“. RH: Also wenn man so
gefragt wird, und das hat ja jetzt schon was gesprächstherapeutisches, da
sind wir sicher seriöser uns geben wollend als wir eigentlich sind. Es ist
halt ein anderer Bereich. Das, was wir tun und das, was wir dann darüber
sagen, das sind auch irgendwie zwei Paar Schuhe. Wie
geht man damit um, über die eigene Musik sprechen zu müssen? Kommt nach
einer bestimmten Anzahl Interviews der Punkt, wo man nichts mehr dazu sagen
kann? RD: Nein, ich glaube, man
wird sogar immer besser. Wir versuchen, uns nicht immer zu wiederholen,
sondern neue Facetten rein zu bringen. Wir erweitern den Erklärungsprozess
mit jedem Interview. Ein Kind braucht ja auch fünfzig Anläufe, bis es
irgendwas kapiert. Man kann da viele Analogien zu Babies ziehen. Insofern stört
mich das überhaupt nicht. Man wird, wie gesagt, eher immer besser. So wie
das Baby dann immer besser sitzen oder krabbeln kann. Das ist auch irgendwie
ein Training. Aber so viele Interviews geben wir jetzt auch wieder nicht. So
schlimm ist es nicht. |
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dehli 9 J. A. C. |
Tosca - Discography longplayers suzuki (!K7/Rough Trade, 2000) war fünf Wochen in den deutschen Top 100, höchste Platzierung 48. dehli 9 (IK7/Rough Trade,2003) vier Wochen, höchste Platzierung 52. J. A. C. (!K7/Rough Trade, 2005) bisher eine Woche, Platz 92. sideworks different taste of honey (G-Stone/Soulfood, 2004) remixes of 'honey' suzuki in dub (G-Stone/Soulfood, 2004) remixes chocolate elvis dub (G-Stone/Soulfood, 2004) remixes of 'chocolate elvis' fuck dub mixes (G-Stone/Soulfood, 2004) remixes opera (G-Stone/Soulfood, 2004) compilation diverse maxi-singles |
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